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Presse

14. Oktober 2014

Der Zauberberg

„Der Zauberberg" als Hörspiel im Museum Würth

 

Der Zusammenhang ist gegeben: zum einen die gemalten Bilder von Davos, zum anderen die literarischen Zitate zum selben Ort. Philipp Bauknechts Bilder, die im Museum Würth ausgestellt sind, fügen sich im mit über 300 Besuchern prall gefüllten Alma-Würth-Saal zu den Worten aus Thomas Manns „Zauberberg". Es ist der Versuch des Ensembles THEATOUR, eine stark kondensierte „Bühnenfassung in sieben Bildern" des Romans vorzutragen. Und der Versuch gelingt! Denn der handlungsarme und dialoglastige Text lässt sich recht gut auf zentrale Stellen reduzieren. Grammophon: Zur Einstimmung hört man kratzende Schellackmusik vom Grammophon. Dann entfalten die wie zum Gerichtstag aufgereihten Sprecher unter der Diaprojektion eines in verschneiter Alpinlandschaft eingebetteten Gebäudes allmählich die Mann'sche Sprachwelt. Diverse Patienten plaudern über gestern und vorgestern, Heilungsprozesse oder den „allgegenwärtigen Tod". Schließlich befinden sie sich in einem Sanatorium in Davos. Hans Castorp (Manuel Scherer) besucht dort seinen kranken Vetter Ziemßen (Jochen Servatius) - „nur drei Wochen, nicht mehr...". Allerdings bleibt es bei der Absicht, denn die hoch gelegene Heilanstalt ist eine eigene, geradezu hermetisch isolierte Luxuswelt, aus der es so schnell kein Entkommen gibt. Außer um Zeit geht es auch um manche Affären, wobei sich einschlägige Gerüchte um die schöne Russin Clawdia (Judith Gorgass) ranken, die mit ihrem charmant-verführerischen Akzent bald auch Castorp den Kopf verdreht. Passend referiert der Institutsarzt (Thomas Chust) dazu über die Liebe als „aus lauter Verkehrtheiten zusammengesetzten Prozess". Pappnasen: Zur Walpurgisnacht wird Karneval gefeiert und getanzt - natürlich in gelesener Form. Allerdings setzen sich die Sprecher zur Illustration Pappnasen auf, außer der Sprecherin der Clawdia, die ein slibernes Krönchen bevorzugt. Castorp gesteht ihr endlich: „Das Fieber meines Körpers ist nichts anderes als die Liebe zu dir." Clawdia verreist kurzzeitig, um mit dem reichen Holländer Peeperkorn (Dierk Hachmann) zurückzukehren, der sich wegen seiner Impotenz das Leben nimmt. Auch Ziemßen ist inzwischen tot, so dass Castorp nach 90 Minuten realer Zeit schließt: „Es ist viel gestorben worden. Der Tod ist eine große Macht." Nicht nur die tolle Atmosphäre der Lesung ließ das Publikum eine sehr schöne Veranstaltung erleben.

Hohenloher Zeitung, Oktober 2014